Sie zeugen vom Handels- und Kulturaustausch entlang der alten maritimen Seidenstraße, gefunden im Indischen Ozean: Zwei Schiffswracks, die in den Tiefen des Südchinesischen Meeres entdeckt wurden und in ihrem Inneren ihre wertvolle Fracht - vor allem viel Porzellan aus der Provinz Jiangxi (Südostchina) - bergen.
Dies gab die chinesische Nationalverwaltung für Kulturerbe (NCHA) auf einer Pressekonferenz am 13. Juni 2024 bekannt, über die die staatliche chinesische Nachrichtenagentur Xinhua berichtete.
Versunkene Schätze aus der "Porzellan-Hauptstadt Chinas"
Nachdem die Wracks und ihre Relikte ab Oktober 2022 in einer Tiefe von rund 1.500 Metern nahe dem nordwestlichen Kontinentalabhang des Südchinesischen Meeres gesichtet worden waren, wurden ihre genauen Standorte durch ozeanografische Ortung und Unterwasseruntersuchungen bestätigt.
Bemannte Tauchboote tauchten zwischen 2023 und 2024 einundvierzig Mal ab. Insgesamt und bislang wurden mehr als 900 Artefakte (Töpferwaren, Porzellan, Kupfermünzen, Bauholz, Hirschgeweihe) aus dem offenen Meer geborgen.
Die meisten davon wurden den Forscher:innen zufolge in den Öfen der Stadt Jingdezhen in Jiangxi hergestellt, die als Chinas "Porzellan-Hauptstadt" bekannt ist. Die Porzellanherstellung dort soll mehr als 1.700 Jahre zurückliegen. Doch erst in der Yuan-Dynastie (1271-1368) und der Ming-Dynastie (1368-1644) erlangte die Stadt ihren Ruhm für ihre feine, lichtdurchlässige Keramik.
Unter den Yuan begann die Stadt mit der Herstellung der berühmten blau-weißen Stücke (Qinghua) aus Kobaltblau, das aus dem Westen des Mongolischen Reiches importiert wurde. Unter der zweiten, der Ming-Dynastie, wird sie zum wichtigsten Produktionszentrum des "Reichs der Mitte".
Das meiste Porzellan war für den kaiserlichen Hof bestimmt, dessen Werkstätten sich in der Stadt befanden. Doch die Lage Jingdezhens in der Nähe der südlichen Häfen ermöglichte es der Stadt, ihre Produktion in großem Stil zu vermarkten und in die ganze Welt zu exportieren.
Handel während der Ming-Dynastie
Die Untersuchungen des ersten Wracks ergaben, dass es tatsächlich aus der Regierungszeit von Zhengde (1506-1521), dem zehnten Kaiser der Ming-Dynastie (1368-1644), stammte. Aus dem Boot, das etwa 37 Meter lang und 11 Meter breit ist, wurden bereits mehr als 543 Artefakte geborgen.
Die Archäolog:innen vermuten, dass das Schiff von der Provinz Fujian oder Guangdong (Südostchina) aus nach Malakka (Südwestmalaysia) oder einem anderen Handelszentrum in Südostasien gefahren ist. Auf dem zweiten 21 mal 8 Meter großen Wrack aus der Regierungszeit des neunten Ming-Kaisers Hongzhi (1488-1505) wurden 36 Artefakte gefunden.
Die beiden gestrandeten Schiffe, die einst im privaten Seehandel tätig waren, liegen auf den Routen der Expeditionen, die der berühmte chinesische Seefahrer Zheng He (1371-1433) in der frühen Ming-Dynastie unternahm.
Nur verbieten die zur Abwehr japanischer Piraten eingeführten Beschränkungen, die oft als Haijin-Politik (海禁, wörtlich "Verbot des Meeres") bekannt sind, den Bürger:innen später den Bau von Schiffen in großem Maßstab und die Ausübung von Seehandelsaktivitäten ohne Genehmigung. Vorschriften, die den chinesischen Küstengemeinden auf See große Schwierigkeiten bereiten.
Neue Einblicke in die Herstellung von Porzellan
Dennoch scheint der private Handel in dieser Zeit weiter geblüht zu haben, wie die gefundenen Schätze belegen: "Die Funde der beiden Schiffswracks spiegeln den florierenden Seehandel in der Mitte der Ming-Dynastie wider", erklärte Song Jianzhong, Forscher am Nationalen Chinesischen Zentrum für Archäologie, gegenüber China Daily. Sie helfen uns, die Schiffsströme entlang der alten maritimen Seidenstraße und die maritime Zivilisation in China zu erforschen und zu verstehen".
Darüber hinaus, so Wang Guangyao, Forscher am Museum des Kaiserpalastes in Peking, werfen die jüngsten Funde auch ein neues Licht auf die Geschichte der chinesischen Porzellanherstellung.
Bisher war man beispielsweise davon ausgegangen, dass die Produktion der Longquan-Öfen, die hauptsächlich aus der Provinz Zhejiang exportiert wurde, gegen Ende des 15. Jahrhunderts stark an Qualität verloren hatte. Die Entdeckung einer großen Anzahl feiner Artefakte aus Seladon, einer chinesischen Keramik, die für ihre durchscheinende jadegrüne Glasur berühmt ist, am ersten Wrack veranlasste die Wissenschaftler:innen jedoch dazu, diese Auffassung zu überdenken.
Es ist nicht das erste Mal, dass Schiffswracks entdeckt wurden, die einiges über die Geschichte enthüllt haben - so wurde vor der Küste Schwedens etwa das Wrack der "Gribshunden" entdeckt und in Kanada wurde ein Wrack aus dem 19. Jahrhundert angespült. Und auch das wohl berühmteste Schiffswrack - das der "Titanic" - gibt immer wieder neue Geheimnisse preis.
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Verwendete Quellen:
Xinhua: "Over 900 pieces of relics retrieved from shipwrecks in South China Sea"
China Daily: "Shipwrecks shed light on Maritime Silk Road"
Aus dem Französischen übersetzt von GEO