Karrieresprung in die Autoindustrie Was Lindner jetzt plant

Ein Jahr nach dem Ende der Ampel meldet sich der Ex-Finanzminister beruflich mit gleich mehreren Projekten zurück. Was steckt hinter seinem Einstieg bei Autoland und den weiteren Plänen im Privatsektor?

Karrieresprung in die Autoindustrie Was Lindner jetzt plant
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Neuer Job, neue Branche, viele Fragen. Christian Lindner, 46, wechselt in die Autoindustrie und wird ab Januar beim Gebrauchtwagenhändler Autoland AG als Vize im Vorstand einsteigen. Nach seinem Aus als Minister und FDP-Chef konzentriert er sich damit auf ein Feld, das in Deutschland nicht nur wirtschaftlich, sondern auch kulturell aufgeladen ist: das Auto. Er begründet den Schritt mit seiner Leidenschaft für individuelle Mobilität und dem Anspruch, dass das eigene Auto bezahlbar bleiben müsse. Gleichzeitig plant er Beratungsmandate und Investments in junge Firmen – ein kompletter Neustart also, aber mit politischer Vergangenheit im Gepäck.

Neuer Posten bei Autoland AG

Autoland AG beschreibt sich als größter markenunabhängiger Autohändler des Landes. Das Unternehmen beschäftigt rund 1.500 Menschen an mehr als 30 Standorten, ist in neun Bundesländern aktiv – besonders im Osten – und hat seinen Sitz in Sandersdorf-Brehna (Sachsen-Anhalt) sowie in Berlin. Das Geschäftsmodell: Neuwagen, Jahreswagen und Gebrauchte, ohne vertragliche Bindung an einzelne Hersteller.

Lindner soll im Vorstand vor allem Marketing, Vertrieb und Digitalisierung verantworten. Ziel ist es, die Präsenz des Unternehmens bundesweit auszuweiten und neue Kundengruppen zu erschließen. Rückenwind kommt aus der Bilanz: Für 2024 weist Autoland einen Gewinn von 53,2 Millionen Euro aus – eine Zahl, die unterstreicht, dass der Markt für preisbewusste Mobilität trotz Transformation lebendig ist.

Für Lindner ist der Schritt auch biografisch folgerichtig. Er verweist auf seine frühen Unternehmerversuche – als Teenager gründete er eine kleine Marketingagentur – und betont, dass individuelle Mobilität eine Frage der Freiheit sei. Passt sein Profil als öffentlicher Verfechter der Autofahrerinteressen zu einem Unternehmen, das sich als „Discounter“ für Fahrzeuge positioniert? Für Autoland klingt das wie ein Perfect Match.

Genehmigt und umstritten Der rechtliche Rahmen und die Reaktionen

Ex-Minister müssen warten: Für ehemalige Regierungsmitglieder gilt in Deutschland eine Karenzzeit von mindestens zwölf Monaten, verlängerbar auf bis zu 18. Lindners neue Tätigkeiten wurden fristgerecht geprüft; der Bundeskabinett erteilte im Oktober die notwendigen Genehmigungen. Die Nachricht über seinen Branchenwechsel kursierte zunächst via Bild, anschließend bestätigten weitere Medien, darunter die dpa und die ARD-Tagesschau.

Bei Autoland ist die Freude groß. Gründer Wilfried Wilhelm Anclam nannte Lindner einen „Verteidiger der individuellen Mobilität“ – und erwartet, dass dessen Bekanntheit die Marke weiter nach vorn bringt. Auch kommunikativ soll der Neue Akzente setzen: Mehr Sichtbarkeit, schärferes Marketing, digitaler Vertrieb – das sind genau die Bereiche, die Lindner verantworten soll.

Gleichzeitig bleibt Skepsis ein Thema. Wenn ein früherer Finanzminister in die Wirtschaft wechselt, horchen Beobachter auf. Kann er Rollen klar trennen, Einblicke aus der Politik hinter sich lassen und Interessenkonflikte vermeiden? Die rechtliche Hürde ist genommen; das öffentliche Urteil folgt erfahrungsgemäß später.

Beratung, Start-ups, Stepstone Was sonst noch ansteht

Neben Autoland nimmt Lindner weitere Aufgaben an. Zum einen plant er den Einstieg beim US-Beratungsunternehmen Teneo. Hier gab es Diskussionen über mögliche Interessenkonflikte: Die NGO Lobbycontrol warnte, die Linksfraktion forderte sogar, den Wechsel zu stoppen. Hintergrund der Kritik ist, dass während Lindners Amtszeit Projekte und Beteiligungen rund um UniCredit, Commerzbank und Deutsche Bank öffentlich debattiert wurden; Teneo ist in Finanz- und Unternehmenskommunikation breit aktiv.

Die Bundesregierung hat jedoch signalisiert, dass Lindners Beratertätigkeit grundsätzlich zulässig ist. Parallel baut er über eine eigene Beteiligungsgesellschaft in Hamburg ein Engagement für Start-ups auf: Schon ab Dezember will er junge Firmen in frühen Wachstumsphasen mit Kapital und Rat unterstützen. Seine Begründung: Ohne mutige Gründerinnen und Gründer leidet die wirtschaftliche Basis – die Start-up-Kultur sei entscheidend für Wettbewerbsfähigkeit und Jobs.

Dazu kommt ein weiterer Baustein: Lindner wechselt als unabhängiges Mitglied in den Shareholder Board der Stepstone Group, einem digitalen Recruiting-Dienstleister, der gemeinsam von KKR und Axel Springer SE gehalten wird. Außerdem kündigte er an, in Aufsichtsräten mitzuarbeiten und Unternehmen sowie Stiftungen zu beraten – Details dazu ließ er offen. Kann er diese vielen Hüte gleichzeitig tragen, ohne an Glaubwürdigkeit einzubüßen? Seine Unterstützer verweisen auf Expertise und Netzwerk, Kritiker auf Nähe zur Macht.

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