Bundesregierung startet Kabinettsklausur: "Unser Hauptgegner ist die schlechte Laune"

Die Bundesregierung will nun dafür sorgen, dass die groß angekündigten Reformen schon bald in die Umsetzung gehen. Dafür dient eine zweitägige Kabinettsklausur als Auftakt.

Die Bundesregierung hat sich jetzt zur Klausur getroffen und will die Weichen für einen "Kulturwandel" in Deutschland stellen.
© picture alliance@Getty Images
Die Bundesregierung hat sich jetzt zur Klausur getroffen und will die Weichen für einen "Kulturwandel" in Deutschland stellen.

Bereits am vergangenen Dienstag kam die Bundesregierung in der Villa Borsig in Berlin zusammen, um gemeinsam zu beschließen, wie Deutschlands Zukunft sozial gestaltet und das Land wieder international wettbewerbsfähig gemacht werden kann. Auch am heutigen Mittwoch soll es um konkrete Ansätze gehen.

Schwarz-Rot trifft sich zur Kabinettsklausur: "Herbst der Reformen" soll nun Form annehmen

Nachdem die Regierungsparteien zuletzt betont hatten, dass man sich in "konstruktiven Gesprächen" – beispielsweise auch semi-formal auf dem Münchner Oktoberfest – bei den meisten Punkten auf eine gemeinsame Richtung habe einigen können, soll nun also ein konkreter Plan folgen. Friedrich Merz gab sich diesbezüglich optimistisch:

Es gibt eine gute, vertrauensvolle, offene, kollegiale, partnerschaftliche Zusammenarbeit in dieser Koalition. Und deswegen bin ich sehr zuversichtlich, dass die uns gestellten Aufgaben gelöst werden können.

Dafür hat sich die Bundesregierung jetzt für zwei Tage zur Kabinettstagung in Berlin getroffen und will, wie man so schön sagt, "Nägel mit Köpfen" machen. Kanzler Merz und seine Minister:innen beratschlagen, auch unter Anhörung von Expert:innen, welche Maßnahmen umgesetzt werden sollen, um Deutschlands Wirtschaft zu unterstützen – und zeitgleich zu gewährleisten, dass der Wandel sozialverträglich stattfindet, ohne die Staatskasse zu sehr zu belasten.

Die Regierung ist sich einig: Digitalisierung und Bürokratieabbau haben Priorität

Bereits am ersten Klausurtag am 30. September kamen die Politiker:innen zu dem Schluss, dass vor allem die Reform des Staates dringend nötig sei. Dabei sollen vor allem die Themen Digitalisierung und Bürokratie eine tragende Rolle spielen sowie eine Straffung des Verwaltungsapparates, um die Behörden "effizienter" zu gestalten, wie der Kanzler betonte:

Die längst überfällige Modernisierung unseres Staates muss nun wirklich schnell vorangehen. Wir müssen staatliche Leistungen überprüfen, wir müssen effizienter werden.

Darüber hinaus sollen Verwaltungsprozesse optimiert werden und dabei auf die "Lebensrealität" von Unternehmen und Bürger:innen abgestimmt werden. Gleiches soll künftig im Bereich der Gesetzgebung geschehen. Im Rahmen der "Modernisierungsagenda" ist beispielsweise vorgesehen, dass acht Prozent des Verwaltungspersonals abgebaut wird, Prozesse unter anderem mittels KI optimiert und für jedes neue Gesetz mindestens zwei alte Regelungen gestrichen werden. Das alles soll anhand von "Praxischecks" geschehen, hieß es weiter.

"Hauptgegner ist schlechte Laune": CDU/CSU und SPD wollen auch "Kulturwandel" vorantreiben

Am heutigen 1. Oktober sollen aus den gestern erarbeiteten Kernelementen nun konkrete Maßnahmen abgeleitet werden, die teilweise schon binnen eines Jahres umgesetzt werden sollen. Sowohl SPD-Chef Klingbeil als auch der Unions-Kanzler Merz betonten dabei, wie wichtig es sei, in Deutschland vor allem auch einen "Kulturwandel" und einen Mentalitätswechsel herbeizuführen.

Denn eines der Hauptprobleme sei, dass sowohl die Lage der Deutschen Wirtschaft als auch die des Sozialstaates dauerhaft deutlich zu negativ wahrgenommen würden. Das müsse sich ändern – damit auch die Bürger:innen wieder mehr Vertrauen in die Regierung haben und es für populistische Parteien nicht mehr so leicht sei, mit der Miesepeterei auf Stimmfang zu gehen. Vor allem SPD-Chef Klingbeil monierte, dass man sich zuletzt zu duckmäuserisch gegeben habe:

Im Prinzip ist unser Hauptgegner die Laune. [...] Wir reden uns selbst manchmal so klein. [...] Und die AfD reitet ja diese schlechte Laune. Die AfD lebt von dieser Polarisierung und davon, dass die Leute unzufrieden sind. [Wir müssen aus diesem 'Alles ist immer kritisch'-Modus rauskommen.] Aber ich würde mir manchmal auch wünschen, dass die Gesellschaft ein bisschen anders mit sich selbst umgeht, und das kann auch helfen, die AfD kleiner zu kriegen.

Auch interessant:

Johann Wadephul (CDU) bei Caren Miosga: Deutsche Politik im Ukraine-Krieg und Nahost-Konflikt

Mit Baby am Rednerpult: Hanna Steinmüller (Grüne) sorgt für Premiere im Bundestag

Niedrigeres Wahlalter bei Landtagswahlen: In NRW sollen künftig auch 16- und 17-jährige wählen

Verwendete Quellen:

Zeit: Kabinettsklausur in Berlin: Das plant die Bundesregierung in ihrer Modernisierungsagenda

FR: Kabinettsklausur von Schwarz-Rot: Merz will Krise beenden – doch sein eigener Experte warnt

Spiegel: Klausur in Berlin: Kabinett beschließt Modernisierungsagenda

Welt: SPD-Chef: "Die AfD lebt davon, dass die Leute unzufrieden sind", sagt Klingbeil

Bundesregierung: Kabinettsklausur der Bundesregierung: Deutschland wieder auf Wachstumskurs bringen

Mit Baby am Rednerpult: Hanna Steinmüller (Grüne) sorgt für Premiere im Bundestag Mit Baby am Rednerpult: Hanna Steinmüller (Grüne) sorgt für Premiere im Bundestag