Putin: In seiner jährlichen Rede an die Nation offenbart er sein verzerrtes Selbstbild

Wladimir Putin hat seine alljährliche Rede zur Lage der Nation gehalten. Darin spricht er viel über ein missverstandenes Russland, das alles richtig mache und macht seinen Gegnern eine klaren Kampfansage. Zu Nawalny schweigt der Kremlchef.

Putin spricht einmal im Jahr zum Volk
© Konstantin Zavrazhin@Getty Images
Putin spricht einmal im Jahr zum Volk

Wie jedes Jahr hält Putin letzten Mittwoch seine Rede zur Lage der Nation, um seine politischen Leitlinien für das kommende Jahr vorzustellen und - wie könnte es anders sein - Russland und seine Politik über den grünen Klee zu loben.

Eine Rede, die wieder einmal deutlich macht, was für ein verzerrtes Selbstbild er hat, beziehungsweise darstellt. Frei nach dem Motto: "Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt".

Gastfreundschaft und Völkerrechte

Während die Beziehungen zwischen Russland und dem Westen schon lange nicht mehr so schlecht gewesen sind, wie in diesem Jahr, sind die Ursachen und Gründe ganz und gar nicht geklärt.

Denn Putin, der gerade erst Zehntausende Soldaten an der Grenze zur Ukraine postiert hat, tut Russland in seiner Rede als "gastfreundliches Land" hervor, dessen Ziel es lediglich sei, den Frieden, die Sicherheit und die Interessen der russischen Bürger im Sinne der Völkerrechte zu verteidigen.

Ein Widerspruch in sich

Interessante Aussagen, da dies offensichtlich nur für Russland selbst gilt und nicht für Länder wie die Ukraine, Weißrussland, Libyen und Syrien, wo Putins-Regierung die Völkerrechte mit brutalen Annexionen oder der Unterstützung von Gewaltregimen mit Füßen tritt.

Alle, die nicht seiner Meinung sind oder sich dem Kreml sogar widersetzen, erklärt Putin in seiner Ansprache zum Feind und macht deutlich, dass Russland in diesem Falle "einen Weg finden wird, um seine Position klarzumachen".

Wer Russland droht, wird es bereuen

Das es sich dabei nicht nur um leere Drohungen handelt, bekommen Regierungsgegner oder jene, die dem Kremlchef im Weg sind, tagtäglich am eigenen Leib zu spüren.

Das zeigt nicht zuletzt der missglückte Mordanschlag auf Alexej Nawalny, seine aktuelle Versorgung und der Umgang mit Nawalny-Unterstützern. Der Oppositionelle sitzt aktuell seine stark umstrittene Haft in einem russischen Straflager ab.

Seit drei Wochen befindet er sich im Hungerstreik, um eine angemessene medizinische Versorgung zu erreichen, die nach dem missglückten Mordanschlag auf ihn mehr als nötig wäre.

Wird Nawalny jetzt totgeschwiegen?

In der Nacht zuvor gehen in ganz Russland Tausende Menschen auf die Straßen, um für Nawalny zu protestieren. Die Behörden drohen Teilnehmern bereits zuvor mit hartem Durchgreifen.

Einige Nawalny-Unterstützer werden unter Vorwänden festgenommen. Wie viele Menschen während der Demonstrationen festgenommen wurden, ist bisher nicht bekannt.

Übrigens: in seiner Kampfrede erwähnt Putin weder Nawalny, noch die Proteste. Es wirkt, als existieren weder der Oppositionelle, noch seine Unterstützer.

Alles Friede, Freude, Eierkuchen

Welch schönes Bild Putin da von seinem friedlichen, die Völkerrechte schützenden und zum Dialog bereiten, jedoch völlig missverstandenen Russland zeichnet.

Eine heile Welt, die selbst in seinem Wunschdenken wenig mit der Realität zu tun haben dürfte. Oder hat er tatsächlich ein solch verzerrtes Selbstbild?

Auch in anderer Hinsicht ist das Verhalten des langjährige Präsidenten fragwürdig. Während Russland das erste Land mit einem Corona-Impfstoff war, wollte Putin eine Massenimpfung durchsetzen, als das Vakzin noch gar nicht richtig getestet war.

Außerdem droht Russland mit Konsequenzen, weil Deutschland dessen Propagandasender RT in den deutschen öffentlichen Medien nicht zulassen will.

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