Nach der "Zirkuszelt"-Aussage im Sommer hat Kanzler Friedrich Merz erneut eine Aussage rausgehauen, die für Aufsehen sorgt – jetzt im Zusammenhang mit dem Thema Migration und dem derzeitigen "problematischen Stadtbild". Dafür gibt es diesmal sogar Kritik aus den eigenen Reihen.
Kanzler Merz sieht "Probleme im Stadtbild" und bei Migration – er bleibt bei seiner Aussage
Vor einigen Tagen hatte der Bundeskanzler für Aufruhr gesorgt, als er über das Thema Migration sprach. Er betonte, dass seine Regierung gerade alles daran setze, Fehler und Versäumnisse der Vorgänger:innen zu korrigieren. Dafür seien Merz zufolge unter anderem rigorosere Abschiebungen vorgesehen, denn:
Wir haben natürlich immer im Stadtbild noch dieses Problem, und deswegen ist der Bundesinnenminister ja auch dabei, jetzt in sehr großem Umfang auch Rückführungen zu ermöglichen und durchzuführen.
Für diese Aussage, die nahelegt, dass sämtliche BIPoC nichts in Deutschland zu suchen hätten, wurde er scharf kritisiert. Der CDU-Politiker betonte nun aber erneut, er habe sich für diese Aussage nicht zu entschuldigen, eher im Gegenteil:
Ich habe gar nichts zurückzunehmen. Im Gegenteil, ich unterstreiche es noch einmal: Wir müssen daran etwas ändern [...] und wir werden diese Politik fortsetzen. [Grundsätzlich sind wir in Deutschland ja offen für Zuwanderung] Offenheit heißt auch, dass wir offen sind für viele Menschen aus aller Welt, die in Deutschland leben wollen und arbeiten wollen. Auf Seiten der Zugezogenen ist dabei aber auch die Bereitschaft nötig, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren.
Kritik hagelte es zunächst unter anderem vom Koalitionspartner SPD
Neben Kritik aus der Union und vielen gesellschaftlichen Akteur:innen musste sich Merz auch der Kritik vonseiten des Koalitionspartners SPD stellen. So betonte etwa die Integrationsbeauftragte der Regierung, Natalie Pawlik, in einem Gastbeitrag in der FAZ dass es wichtig sei, in gemäßigtem Ton über derlei Themen zu sprechen:
Ich halte grundsätzlich nichts davon, reflexhaft politische Debatten zu bedienen. Gerade die Themen Migration und Integration sind viel zu komplex, um sie auf Schlagzeilen- und Stammtischniveau zu führen. [Wir brauchen m]ehr Ehrlichkeit, Differenzierung und Verantwortungsbewusstsein für unsere Worte, unser Handeln und dabei immer eine klare Leitlinie: kein Rassismus, keine Ressentiments, keine Pauschalaussagen, keine abwertenden Schnellschüsse aus politisch effektheischenden Gründen.
Auch der SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf erklärte bei ntv gegenüber Moderatorin Pinar Atalay:
Es gibt in Deutschland Probleme - und die darf man benennen. Aber das alles immer wieder auf eine Frage zurückzuführen, auf die Frage der Migration, und da so viel miteinander zu vermengen und zu pauschalisieren - das spaltet und das zerstört Vertrauen. [...] Ich muss sagen, dass meine Erwartung an die Spitze eines Staates schon deutlich höher ist.
Jetzt bekommt Merz aber auch Gegenwind aus der eigenen Partei: "differenzierter vorgehen"
Während Friedrich Merz trotz allem zu seinen Aussagen steht und auch Markus Söder (CSU) betonte, dass Merz "Recht hat" mit dem, was er zur Sprache gebracht habe, sind einige Politiker:innen aus der Union alles andere als begeistert von den jüngsten Aussagen des Kanzlers. So erklärte etwa Manuel Hagel (CDU):
Am Ende geht es nicht um Menschen oder Gruppen. Es geht vor allen Dingen darum, dass wir die Probleme – innere Sicherheit, Ordnung in unseren Innenstädten – lösen. Viele Menschen mit Migrationshintergrund sind Teil der bürgerlichen Mitte, Teil des Wohlstands, Teil der Wertegemeinschaft. Und deshalb rate ich da sehr, verbal etwas abzurüsten und sehr differenziert in dieser Debatte auch vorzugehen.
Auch Dennis Radkte, Vorsitzender der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft Deutschlands, befand, dass es – auch im Stadtbild – ganz andere Probleme in der Gesellschaft gebe, die sich nicht unbedingt nur auf Migration zurückführen ließen:
Probleme wie Drogensucht, Obdachlosigkeit oder Mackertum bei Jugendlichen lassen sich nicht abschieben, sondern müssen angepackt werden. [...] Natürlich müssen illegal eingereiste Migranten abgeschoben werden – aber viele Probleme werden trotzdem fortbestehen. [...] Friedrich Merz ist nicht mehr der launige Kommentator am Spielfeldrand, der einen raushaut, sondern ihm kommt als Kanzler eine besondere Verantwortung für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft, die Debattenkultur und einer positiven Zukunftserzählung zu.
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Verwendete Quellen:
ntv: "Sollte verbal etwas abrüsten": CDU-Sozialflügel kritisiert Merz für "Stadtbild"-Aussage
tagesschau: Nach "Stadtbild"-Äußerungen: Der Stil des Kanzlers steht in der Kritik
tagesschau: Kritik an Aussage von Merz: Es rumort gewaltig rund ums "Stadtbild"
FAZ: Nach Stadtbild-Äußerung: "Solche Debatten nutzen den Rechtspopulisten"