Dank neuester Technik: Hier soll sich Platons verlorenes Grab befinden

Mithilfe moderner Techniken zur Entschlüsselung der sehr geheimen Texte auf verkohlten Papyrusblättern, die in Herculaneum gefunden wurden, entdeckten Wissenschaftler:innen eine neue historische Quelle, die potenzielle Details über das Leben und den Tod des Denkers Platon enthüllt. Insbesondere über seinen mutmaßlichen Begräbnisort in der Platonischen Akademie, der bislang unbekannt war.

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© Jon Hicks@Getty Images
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Platon, der ikonische antike Philosoph des klassischen Griechenlands, starb um 348 oder 347 v. Chr. im Alter von etwa 80 Jahren. Die meisten Informationen über sein Leben erhalten wir aus den Schriften seiner Schüler, insbesondere aus denen seines berühmtesten Schülers Aristoteles, dessen Grab kürzlich entdeckt worden sein soll.

Die Einzelheiten von Platons Tod sind jedoch nicht gut dokumentiert. Laut dem Biographen Diogenes Laertius aus dem frühen 3. Jahrhundert starb er bei einem Hochzeitsmahl und wurde dann außerhalb der Stadtmauern von Athen (Griechenland) in der Akademie beigesetzt, deren Gründer und Lehrer er war.

Neue historische Quellen könnten jedoch dazu beitragen, das Geheimnis um Platons Grab ein wenig zu lüften. Laut der Agenzia Nazionale Stampa Associata (ANSA) ist es Forscher:innen gelungen, Tausende von Wörtern auf einem der verkohlten Papyri zu entziffern, die in der Stadt Herculaneum gefunden wurden, die wie Pompeji durch den Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr. verschüttet wurde. Auch über diese Stadt ranken sich nach wie vor Mythen und Legenden - zuletzt hat eine Schriftrolle neue Rätsel aufgegeben.

Moderne Technik hilft antiken Texten

Die 1.800 Pergamentrollen umfassende Sammlung aus Herculaneum, die 1792 in dem Gebäude gefunden wurde, das heute als "Villa Dei Papiri" ("Papyrusvilla") bekannt ist, soll dem Schwiegervater Julius Caesars, Pison, gehört haben. Während des historischen Ausbruchs des Vesuvs verbrannte die reiche Bibliothek fast augenblicklich, bevor sie unter Schichten von Vulkangestein und Asche begraben wurde, die sie jedoch vor dem Verfall schützten.

Obwohl sie vor über 200 Jahren wiederentdeckt wurden, blieben die wie zerknüllte Kohlestücke aussehenden Papyrusrollen - und vor allem ihr unschätzbarer Inhalt - aufgrund ihrer Zerbrechlichkeit fast vollständig unzugänglich. Um zu versuchen, die mit einer Tinte aus Holzkohle und Wasser geschriebenen Worte zu entschlüsseln, haben die Forscher:innen in den letzten Jahren ihre Anstrengungen und ihre Kreativität verdoppelt - und vor allem neue Technologien eingesetzt.

So gaben die Organisator:innen der "Vesuvius Challenge" im Februar 2024 bekannt, dass es einem Team gelungen war, mithilfe von Machine Learning und Computer Vision Programmen 2.000 Zeichen auf einer Schriftrolle zu übersetzen.

Heute berichten andere Expert:innen, dass sie ebenfalls (erfolgreich) in die vielen Schichten verkohlter Materialien eingetaucht sind, und zwar durch die Kombination zweier innovativer Techniken: Infrarot-Hyperspektralbildgebung und optische Kohärenztomographie (OCT) - die normalerweise von Augenärzt:innen zur Aufnahme des Augenhintergrunds verwendet wird, während letztere hochauflösende Querschnittsbilder liefert.

Neue Details über Platons Lebensende

Diese Verbindung, die Popular Science als „bionisches Auge“ bezeichnet, enthüllte 1.000 griechische Wörter, die das menschliche Auge nicht mehr sehen konnte. Der übersetzte Abschnitt scheint das Werk des epikureischen Philosophen Philodemus von Gadara (110-40 v. Chr.) gewesen zu sein, der in Herculaneum gelebt hatte. Nun bietet der Autor eine revidierte Chronologie von Platons Leben an, deren Einzelheiten uns bisher entgangen sind.

Andere Quellen behaupten, er sei 387 v. Chr. als Sklave verkauft worden, als er sich am Hof von Dionysios dem Älteren in Syrakus auf Sizilien aufhielt. Der Text legt hier nahe, dass er eher 404 v. Chr. versklavt wurde, als die Spartaner die Insel Ägina (südwestlich von Athen) eroberten, oder aber 399 v. Chr., unmittelbar nach dem Tod seines älteren Lehrers und Meisters, des griechischen Philosophen Sokrates.

Beschrieben wird auch Platons letzte Nacht, bevor er an einer Krankheit starb. Er litt an hohem Fieber und soll die „süßen Töne“ der Flöte, die von einer Musikerin gespielt wurden, nicht wirklich genossen haben. Laut dem Pergament und vor allem laut Graziano Ranocchia, Professor für Papyrologie am Fachbereich Philologie, Literatur und Linguistik der Universität Pisa (Italien), der die Ergebnisse der ANSA vorstellte, soll der geschwächte Mann sogar sein „schwaches Rhythmusgefühl“ kritisiert haben.

Es scheint schließlich, nach den entwirrten Worten, dass der Denker in einem privaten Garten in der Nähe eines den Musen gewidmeten Heiligtums in der platonischen Akademie begraben wurde. Der Ort, an dem sich diese befand, die 86 v. Chr. vom römischen Diktator Sylla zerstört wurde, wurde im 20. Jahrhundert in dem modernen Stadtteil mit dem passenden Namen Akadimía Plátonos (nordwestlich von Athen) wiederentdeckt.

Dabei wurden die Überreste mehrerer Monumente gefunden, die in den verschiedenen Phasen der Akademie errichtet wurden: Eines der alten Gymnasien (1. Jahrhundert v. Chr. - 1. Jahrhundert n. Chr.) oder die wenigen Steine eines Peristylgebäudes (mit einer Säulengalerie) aus dem 4. Jahrhundert v. Chr.), vielleicht das einzige große Gebäude, das tatsächlich zu Platons Akademie seinerzeit gehörte.

Um mehr über den Philosophen und im weiteren Sinne über verloren gegangene antike klassische Texte herauszufinden, plant das Forschungsteam nicht, es dabei zu belassen. Laut Interesting Engineering sollen bis 2026 weitere Scans durchgeführt werden, während parallel dazu andere Projekte wie die "Vesuvius Challenge" weiterlaufen, in der Hoffnung, endlich die Papyri von Herculaneum entschlüsseln zu können.

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Verwendete Quellen:

Popular Science: "A ‘bionic eye’ scan of an ancient, scorched scroll points to Plato’s long-lost gravesite"

Interesting Engineering: "Plato’s final resting place revealed using ‘bionic eye’"

Aus dem Französischen übersetzt von GEO

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