Stell dir vor, du tippst ein Wort in dein Handy ein – und wirst sofort von deinem Gerät zurechtgewiesen.
Ein aus Nordkorea geschmuggeltes Smartphone hat eine zutiefst dystopische digitale Realität offenbart, in der Handys als Regierungsspione fungieren und Sprache streng überwacht wird. Das Telefon sieht gewöhnlich aus, ist es aber keineswegs.
In Kombination mit einer wachsenden App-Ökonomie und staatlich betriebenen IT-Zentren hat Nordkorea ein streng kontrolliertes Technologie-Ökosystem geschaffen. Mit vom Regime genehmigten Apps und Smartphones, die jede Bewegung verfolgen, ist klar: Digitale Freiheit existiert im Einsiedlerstaat praktisch nicht.
Das aus Nordkorea geschmuggelte Telefon
Das Smartphone, das es über die Grenze geschafft hat, wurde durch eine Untersuchung der BBC bekannt. Es wurde von Daily NK, einer in Seoul ansässigen Mediengruppe, aus Nordkorea geschmuggelt und sah auf den ersten Blick aus wie jedes gewöhnliche Gerät – bis es genauer untersucht wurde.
Eines der erschreckendsten Merkmale des Telefons ist seine Fähigkeit, heimlich alle fünf Minuten einen Screenshot zu machen. Diese Bilder werden in einem versteckten Ordner gespeichert, auf den der Nutzer oder die Nutzerin keinen Zugriff hat – was darauf hindeutet, dass die Behörden die Daten aus der Ferne abrufen können.
Das Gerät enthält außerdem strenge Zensurfunktionen. Wenn ein Nutzer oder eine Nutzerin zum Beispiel das südkoreanische Slangwort "oppa" eingibt, wird es automatisch in "Genosse" umgewandelt. Zudem erhält der Nutzer oder die Nutzerin eine Warnung, dass "oppa" nur zur Bezeichnung eines älteren Bruders verwendet werden dürfe.
Noch alarmierender ist, dass jeder Versuch, "Südkorea" einzugeben, automatisch durch den Ausdruck "Marionettenstaat" ersetzt wird. Laut Martyn Williams vom Stimson Centre:
Smartphones sind inzwischen ein integraler Bestandteil der nordkoreanischen Indoktrination.
Diese orwellsche Technologie ist nicht neu, scheint sich aber zu verschärfen. Im Jahr 2023 wurde die Verwendung südkoreanischer Akzente oder Ausdrücke zu einer Straftat erklärt. Kang Gyuri, eine 24-jährige Überläuferin, sagte der BBC:
Früher dachte ich, es sei normal, dass der Staat uns so stark einschränkt. Ich glaubte, auch andere Länder lebten unter solcher Kontrolle. Doch dann wurde mir klar, dass das nur in Nordkorea so ist.
Haben Menschen in Nordkorea Zugang zu Smartphones?
Trotz der strengen Kontrollen sind Smartphones in Nordkorea überraschend weit verbreitet. Laut Radio Free Asia gibt es schätzungsweise 6,5 bis 7 Millionen aktive Mobiltelefone im Land – viele davon sind Smartphones.
Allerdings ist ihre Nutzung mit erheblichen Einschränkungen verbunden. Auf jedem Smartphone muss eine Überwachungs-App installiert sein, die aufzeichnet, welche Apps genutzt werden, welche Inhalte angeschaut und welche Webseiten über das staatliche Intranet besucht werden.
Auch das Herunterladen von Apps ist alles andere als einfach. Die Bürger:innen müssen physisch zu staatlich betriebenen IT-Austauschzentren gehen, wo Apps gegen eine Gebühr installiert werden. Diese Zentren fungieren als Wächter und entscheiden, welche digitalen Inhalte erlaubt sind.
Unterhaltungs- und Spiel-Apps kosten etwa 10.000 Won (etwa 1,17 US-Dollar), während Sprachlern-Apps mit 15.000 Won zu Buche schlagen. Da ein Kilogramm Reis etwa 7.200 Won kostet, ist das Herunterladen von Apps ein Luxus, den sich viele kaum leisten können.
Ein Bewohner aus Tokchon sagte:
Das Informations- und Technologieaustauschzentrum installiert Apps, mit denen man auf dem Smartphone die Zeitung Rodong Sinmun lesen oder Filme, Lieder und andere Medien ansehen und anhören kann.
Diese Zentren dienen auch als lukrative Einnahmequelle, da lokale Regierungen inzwischen bis zu 70 % der Einnahmen aus dem App-Verkauf behalten dürfen.
Nordkoreas eigene Smartphone-Modelle
Während Smartphones in Nordkorea unter lokalen Markennamen verkauft werden, bestehen sie in der Regel aus chinesischen Komponenten. Zu den bekannten Marken zählen Pyongyang, Arirang und Blue Sky.
Laut Business Insider war eines der frühesten bekannten Modelle das "Pyongyang Touch", das in Farben wie Pink, Dunkelblau und Weiß erhältlich war. Obwohl es nur wenige Details gibt, soll es besonders bei jungen Leuten beliebt gewesen sein.
Die Arirang-Reihe ist besser dokumentiert. Das ursprüngliche Arirang-Modell gilt als umetikettiertes chinesisches Smartphone mit einem 4,3-Zoll-Display und einer 8-Megapixel-Kamera. Das 2018 erschienene Arirang 171 bietet einen 4,7-Zoll-Bildschirm, einen MediaTek6797-Chip, 4 GB RAM und einen Fingerabdrucksensor.
Ein weiteres bemerkenswertes Gerät ist das Jindallae 3 bzw. Azalea 3, das angeblich vollständig in Nordkorea entwickelt wurde. Laut DPRKNews.com:
Die Studiengruppe verbesserte die Akkuleistung des Handys, indem sie die Meinungen von Nutzern berücksichtigte, die bereits intelligente Mobiltelefone verwendet hatten.
Das Phurun Hanul H-1, auch bekannt als Blue Sky, verfügt über ein 5,5 Zoll großes hochauflösendes Display, einen Fingerabdrucksensor und einen 6.000-mAh-Akku. Es ist mit einem MediaTek MT6753-Chip, 3 GB RAM und einer 16-Megapixel-Kamera ausgestattet.
Trotz dieser technischen Fortschritte haben diese Telefone keinen Zugang zum Internet. Sie können sich lediglich mit dem geschlossenen Intranet Nordkoreas verbinden. Apps müssen weiterhin über die IT-Zentren heruntergeladen werden – was die Kontrolle der Regierung über digitale Inhalte weiter festigt.
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Donald Trump says there are enemies worse than North Korea in podcast: 'We have a bigger problem'
Verwendete Quellen:
BBC: 'Smartphone smuggled out of North Korea reveals the insane things Kim Jong Un does to control his ‘suffocated’ people'
New York Post: 'Smartphone smuggled out of North Korea reveals the insane things Kim Jong Un does to control his ‘suffocated’ people'
Radio Free Asia: 'North Korea opens more app stores for smartphone users'
Business Insider: 'North Korea has its own smartphones that you can't buy anywhere else — check out some of the smartphones North Koreans are using'
Aus dem Englischen übersetzt von Ohmymag UK