Seit April 2011 wird Frankreich von der Affäre Xavier Dupont de Ligonnès heimgesucht (einige Jahre später beschäftigt das Land außerdem noch der Fall Émile).
Alles begann mit dem schaurigen Fund der Leichen von Agnès und ihren vier Kindern – Arthur, Thomas, Anne und Benoît –, die unter der Terrasse ihres Hauses in Nantes vergraben waren. Nur ein Familienmitglied fehlte: Xavier Dupont de Ligonnès. Schnell wurde er zum Hauptverdächtigen in dem, was später als die "Morde von Nantes" bekannt wurde. Fast 14 Jahre später bleibt er weiterhin verschwunden.
Trotz Durchsuchungen, Hinweisen aus aller Welt und falschen Spuren – wie der Verhaftung eines Mannes in Schottland – konnte bislang kein wirklicher Fortschritt erzielt werden. Im September 2024 wurden sogar Ausgrabungen auf einem Friedhof im Département Var vorgenommen. Das Ergebnis? Laut der Staatsanwaltschaft von Nantes wurde nichts Nützliches entdeckt.
Und dennoch: Der Fall fasziniert weiterhin. Ein ungelöstes Mysterium, ein Familienvater, der nach einer grausamen Familientragödie verschwindet… In diesem Kontext hat sich ein bekannter Influencer aus den sozialen Netzwerken entschlossen, in die Suche einzugreifen.
Aqababe, ein umstrittener Influencer, startet die Suche
Aqababe, mit bürgerlichem Namen Aniss Zitouni, bekannt für seine Enthüllungen über Stars der Reality-TV-Szene, hat beschlossen, eine partizipative Ermittlung zu starten, um Xavier Dupont de Ligonnès aufzuspüren.
Alles begann mit einem scherzhaften Kommentar seines Anwalts: "Mit deiner Community könntest du sogar XDDL wiederfinden!" – eine Idee, die dann Gestalt annahm. Am 18. April startete Aqababe einen Aufruf an seine Community, die über eine Million Follower:innen zählt, und richtete dafür eine spezielle E-Mail-Adresse ein: retrouvonsXDDL@xoxoaqababe.com. Ziel ist es, Zeugenaussagen, Fotos und jegliche Informationen zu sammeln.
Die Resonanz ließ nicht lange auf sich warten: Innerhalb weniger Tage erhielt er mehr als 100.000 Nachrichten. Doch das ist noch nicht alles.
Aqababe hat außerdem einen für alle offenen Instagram-Kanal eingerichtet, um Hinweise zu bündeln. Diese werden anschließend an seine "Chipies", wie er seine Abonnent:innen nennt, weitergeleitet.
Der Kanal versammelt bereits mehr als 160.000 Menschen, die den Fall täglich verfolgen. Aqababe betont, dass er die Angelegenheit sehr ernst nimmt und behauptet, alle als "plausibel" eingestuften Informationen an die Kriminalpolizei weiterzuleiten.
Er erklärt sogar, auf einer sehr konkreten Spur zu sein: Es geht um einen Hinweis aus Malta, genauer gesagt von der Insel Gozo, wo ein Zeuge einen verdächtigen Personalausweis gesehen haben soll. Aqababe plant, sich in Kürze selbst auf den Weg dorthin zu machen, um direkt vor Ort zu ermitteln.
Man kann sich denken, dass diese Art von "Bürgerermittlung 2.0" den Behörden ganz und gar nicht gefällt.
Die Justiz reagiert verärgert auf die Initiative
Seitens der Staatsanwaltschaft in Nantes überwiegt der Ärger. Offiziell möchte Staatsanwalt Antoine Leroy die Aktion nicht kommentieren. Laut RTL wird diese Art von privater Initiative jedoch als zeitraubend, als Quelle falscher Spuren und insgesamt als ineffektiv angesehen.
Aqababes Anwalt, Me Tom Michel, versichert hingegen, dass alles im rechtlichen Rahmen abläuft und die Justiz über alle ernstzunehmenden Hinweise informiert wird.
Dennoch wirft das Timing dieser Aktion Fragen auf: Die Mobilisierung des Influencers erfolgt zu einem Zeitpunkt, an dem kürzlich fünf Beschwerden gegen ihn eingereicht wurden – unter anderem wegen Betrugs, irreführender Geschäftspraktiken und Vertrauensmissbrauchs.
Mit 27 Jahren ist Aniss Zitouni kein Unbekannter in juristischen Angelegenheiten.
Anfang 2024 wurde er bereits zu vier Monaten Haft auf Bewährung verurteilt, nachdem er in einer Live-Übertragung Todesdrohungen gegen Guillaume Genton (bekannt aus „TPMP“) ausgesprochen hatte. Zudem wurde er im Zusammenhang mit der Affäre "Jeremstargate" wegen Belästigung und Bedrohungen unter Anklage gestellt.
Also: Medienstunt oder echter Wendepunkt in einer festgefahrenen Ermittlung? Während einige die Motivation eines jungen Influencers loben, der versucht, die Dinge in Bewegung zu bringen, warnen andere vor dem Risiko, eine noch laufende strafrechtliche Ermittlung zu gefährden.
Eines steht jedoch fest: Die Affäre Xavier Dupont de Ligonnès wird die Öffentlichkeit weiterhin beschäftigen.
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Verwendete Quellen:
Le Parisien: Affaire Xavier Dupont de Ligonnès : le blogueur Aqababe à ses trousses, la justice « agacée » par la démarche
Aus dem Französischen übersetzt von Ohmymag Frankreich