Eins, zwei, drei… Die Finger beider Hände reichen nicht aus, um die durchschnittliche Anzahl an Pflanzenschutzbehandlungen zu zählen, die in Frankreich auf einen Apfel angewendet werden – im Schnitt sind es 35,9. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Fungizide (23,4), Insektizide (8,9) und Herbizide (1,5), also drei Pestizidkategorien, die jeweils gegen krankheitserregende Pilze, schädliche Insekten und Unkräuter gerichtet sind (Agreste, 2018).
Doch welche Auswirkungen hat diese Mischung von Substanzen, also der sogenannte „Cocktail-Effekt“, auf die Gesundheit? Im Jahr 2020 zeigte eine Studie des französischen Nationalinstituts für Agrarforschung und Umwelt (INRAE) „stoffwechselbedingte Störungen“ bei Säugetieren, die einer Pestizidmischung ausgesetzt waren. Dabei wurden deutliche Unterschiede zwischen männlichen Tieren (Übergewicht, Diabetes) und weiblichen Tieren (oxidativer Stress) festgestellt.
Neben diesen sogenannten „interventionellen“ Studien, bei denen nichtmenschlichen Tieren eine Behandlung verabreicht und mit einer Kontrollgruppe verglichen wird, existieren auch sogenannte „beobachtende“ Studien. Diese sind seltener. Eine der jüngsten wurde in Argentinien von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Nationalen Universität des Litoral (UNL) durchgeführt und im Juni in der Fachzeitschrift Chemosphere veröffentlicht (M. E. Racca et al. 2025). Welche Schlussfolgerungen lassen sich daraus ziehen?
Bis zu 15 verschiedene Pestizide pro Urinprobe
Mithilfe von Gaschromatographie und Tandem-Massenspektrometrie untersuchten die Forschenden das Vorkommen von 74 Pestiziden im Urin schwangerer Frauen, die in der Region Santa Fe im nördlichen Zentrum Argentiniens leben. Diese Region ist bekannt für ihre intensive landwirtschaftliche Nutzung. An der Studie nahmen 89 Frauen teil, von denen 51 in ländlichen und 38 in städtischen Gebieten wohnten.
In 80,9 Prozent der Proben wurden Pestizidrückstände nachgewiesen – insgesamt 39 verschiedene Substanzen von den 74 analysierten. Darüber hinaus wiesen 64 Prozent der Proben Mehrfachrückstände auf, mit bis zu fünfzehn verschiedenen Substanzen pro Probe. Die am häufigsten gefundenen Verbindungen waren das Fungizid Vinclozolin (44,9 Prozent), das Herbizid Propazin (22,5 Prozent) und das Insektizid Triazophos (19,1 Prozent).
Als die Autoren den Verlauf der Schwangerschaft untersuchten, stellten sie fest, dass die Anzahl der Substanzen im Urin bei Schwangerschaften mit einer Wachstumsverzögerung des Fötus signifikant höher war. Auch die Anwesenheit von Fungiziden vom Typ Triazole war in diesen komplizierten Fällen erhöht.
Eine verletzliche ländliche Bevölkerung
Auch wenn die Anzahl und das Vorkommen von Pestiziden bei städtischen und ländlichen Frauen ähnlich waren, zeigten letztere – bei gleichen soziodemografischen Merkmalen und vergleichbarem Lebensstil – eine deutlich höhere Rate an Schwangerschaftskomplikationen: 49 Prozent gegenüber 19 Prozent.
Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der intensive Einsatz von Pestiziden in Argentinien zur Umweltbelastung und zu einem Ungleichgewicht im Exposom einer besonders verletzlichen Bevölkerungsgruppe beitragen kann.
Der Begriff Exposom bezeichnet in diesem Zusammenhang die nicht-genetischen Faktoren, die möglicherweise an der Entstehung oder Verschlimmerung menschlicher Krankheiten beteiligt sind. Es handelt sich dabei um eine umfassende Definition, die Umweltbelastungen bereits während der pränatalen Phase einschließt. Dazu zählen sowohl chemische Stoffe, denen die Mutter während der Schwangerschaft ausgesetzt ist, als auch solche, die über den mütterlichen Blutkreislauf die Plazenta passieren und den Fötus erreichen.
Weitere Studien notwendig
Diese neuen Ergebnisse ergänzen die Erkenntnisse einer weiteren kürzlich durchgeführten Studie, wie The Guardian berichtet. Durch die Auswertung medizinischer Akten und von Biomonitoring-Daten konnte ein Forschungsteam der Universität Nebraska (USA) zeigen, dass die gleichzeitige Exposition gegenüber mehreren Pestiziden das Risiko, an einem Gehirntumor im Kindesalter zu erkranken, um etwa 36 Prozent erhöhen kann.
Die Exposition gegenüber Pestizidmischungen sei „die Regel, nicht die Ausnahme“, betont Nathan Donley vom Center for Biological Diversity – einer US-amerikanischen Forschungs-NGO – gegenüber dem britischen Guardian. Donley war an der Studie nicht beteiligt, warnt jedoch: „In den meisten Fällen haben wir absolut keine Ahnung, wie unterschiedliche Pestizidkombinationen im Mutterleib, bei Kindern oder Erwachsenen miteinander interagieren.“ Diese Wissenslücke könne nur durch umfassendere und zahlreichere Studien geschlossen werden.
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Verwendete Quelle:
Aus dem Französischen übersetzt vonGeo