Fasten: Warum der Verzicht auf Essen so gut ist

Fasten ist ein mächtiges Werkzeug zur Körperreinigung und Regeneration, aber man muss es richtig machen. Die Fasten-Expertinnen Nicole Fürderer, Britta Kleweken und Erik Schmelter klären im Interview auf.

Fasten: Warum der Verzicht auf Essen so gut ist
© Südwest Verlag
Fasten: Warum der Verzicht auf Essen so gut ist

Die ersten Monate des Jahres sind ein idealer Zeitpunkt, unserem Körper einen gründlichen Frühjahrsputz zu gönnen. Fasten ist bereits seit Jahrzehnten eine beliebte Methode und geht weit über die religiöse oder kulturelle Praktik hinaus. Der Verzicht auf Essen sorgt für eine Reinigung und Erneuerung unseres Organismus.

Doch wie legt man am besten los und welche Methode ist die effektivste? Die Fasten-Experten und -Expertinnen Nicole Fürderer, Britta Kleweken und Erik Schmelter beantworten in ihrem Buch "Fasten für dich!" die wichtigsten Fragen zum Thema und geben zahlreiche Tipps für Anfängerinnen und Anfänger. Im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news erklären sie, warum die Fastenvorbereitung einer Marathonvorbereitung ähnelt und wie man damit umgeht, wenn man ans Aufgeben denkt.

Wie unterscheidet sich das Fasten von klassischen Diäten, die sich viele am Jahresanfang vornehmen?

Britte Kleweken, Nicole Fürderer, Eric Schmelter: Im Gegensatz zu Diäten geht es beim Fasten nicht ausschließlich um eine Gewichtsabnahme, sondern in erster Linie um Ausscheidung und Regeneration. Da keine feste Nahrung und kaum Kalorien von außen zugeführt werden, muss der Körper sich komplett umstellen, um Energie aus sich selbst beziehungsweise den Reserven zu generieren. Dazu bedient sich der Körper aus den Lagern und räumt dabei auch mal ordentlich auf. Vieles, was eigentlich nur so "rumliegt" wird endlich mal wieder benutzt. Dieser besondere Fastenstoffwechsel hat positive Effekte bis in die kleinsten Zellen und wirkt sich regenerierend auf den ganzen Körper aus.

Welche Vorteile hat das Fasten für den Körper? Und hat es Auswirkungen auf die Psyche?

Kleweken, Fürderer, Schmelter: Fasten wirkt als heilsamer Impuls auf den Körper. Er stellt die Physiologie auf den Kopf und löst viele Vorgänge und Reaktionen auf Stoffwechselebene aus. So werden etwa spezielle Reinigungsmechanismen angeregt, sozusagen die Müllabfuhr und das Recyclingsystem der Zellen, die sogenannte Autophagie.

Fasten kann zudem nachweislich Entzündungen hemmen und hohen Blutdruck senken. Volkskrankheiten wie Diabetes, Übergewicht, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Arthrose können durch Fasten reguliert werden. Und auch für gesunde Menschen ist Fasten eine wunderbare Methode zur Prävention. Fasten wirkt wie Kosmetik von innen, die Haut wird zum Beispiel strahlender und wacher.

Das Fasten kann einen positiven Effekt auf die Psyche haben. Durch die Entschleunigung erhöht sich bei den meisten Fastenden die Achtsamkeit und der Umgang mit sich selbst. Die Fastenzeit wird für die meisten als eine Woche zur Selbstreflexion genutzt. Hinzu kommt, dass eine geschaffte Fastenwoche das Selbstbewusstsein stärkt und man sich durch die vermehrte Ausschüttung des Hormons Serotonin, einfach glücklicher fühlt.

Menschen, die zu Depressionen neigen oder sogar Medikamente zur Regulation von Stimmungsschwankungen nehmen, sollten aber auf keinen Fall einfach drauflos fasten. Hier ist ebenfalls besonders wichtig, mit der behandelnden Ärztin/dem behandelnden Arzt über die bevorstehende Woche und die Einnahme der Medikamente zu sprechen.

Welche Art des Fastens empfehlen Sie beziehungsweise was eignet sich für den Jahresstart besonders gut?

Kleweken, Fürderer, Schmelter: Wenn man gesund ist und es aus ärztlicher Sicht keine Einschränkungen gibt, empfehlen wir immer die traditionelle Methode nach dem Arzt und Naturheilkundler Otto Buchinger, der das Fasten als Heilmethode vor über 100 Jahren entwickelt hat. Sie ist die bekannteste und klassischste Art des Fastens. Bei dieser Methode wird ausschließlich mit Säften, Tees und Brühen gefastet. Die Dauer lieg in der Regel zwischen fünf und zehn Fastentagen.

Was empfehlen Sie Menschen, die zum ersten Mal fasten?

Kleweken, Fürderer, Schmelter: Es einfach zu genießen. Wichtig ist wie bei vielem die mentale Einstimmung in den Entlastungstagen. Sich nicht zu sehr verrückt machen und einfach darauf einlassen.

Was benötigt man alles für eine gelungene Fastenwoche? Wie sollte man sich vorbereiten?

Kleweken, Fürderer, Schmelter: In unserem Buch "Fasten für dich!" vergleichen wir die Vorbereitung mit einer Vorbereitung auf einen Marathonlauf. Man solle sich mal vorstellen, man wäre noch nie einen Marathon gelaufen und möchte es aber nun mal ausprobieren. Würde man unvorbereitet in dieses Ereignis starten? Das kann man schon machen, es kann aber ordentlich danebengehen. Eine gute Vorbereitung ist Gold wert, wenn nicht sogar entscheidend, und gibt einem bereits am Start ein gutes Gefühl. Genauso ist es beim Fasten. Die Vorbereitung geht bereits vor dem ersten Fastentag los.

Damit der Organismus optimal für die Fastenzeit vorbereitet ist und das Fasten erfolgreich durchgeführt werden kann, empfehlen wir auf jeden Fall einen oder mehrere Entlastungstage vorzuschalten. In der Praxis bedeutet das:

  • Bewusste Einstimmung auf das Fasten
  • Einfacher essen und die Nahrungsmenge reduzieren
  • Fett, Salz, Süßigkeiten, Fleisch, Weißmehl langsam reduzieren
  • Wenn möglich, Anforderungen reduzieren, von Stress und Ärger entlasten
  • Mehr Wasser trinken, mehr Obst und Gemüse essen, leichter Essen
  • Den Kaffee, Schwarz- und Grüntee-Konsum langsam reduzieren

Worauf muss man alles verzichten? Wie sieht es mit Medikamenten, Nahrungsergänzungsmitteln oder Kaffee aus?

Kleweken, Fürderer, Schmelter: Beim Fasten nach Buchinger wird komplett auf feste Nahrung verzichtet.

Zusätzlich empfehlen wir, sich während des Fastens von allem zu lösen, was nicht lebensnotwendig ist. Solange also Medikamente oder Ergänzungsmittel für die Gesundheit nicht zwingend notwendig sind, kann man sie auch ruhig mal weglassen und auf seinen Körper vertrauen. Denn wir finden, dass man dem Körper regelmäßig eine Auszeit von allem gönnen sollte. Nur so geben wir ihm die Chance, sich richtig zu resetten und zu regenerieren.

Das Gleiche gilt für Kaffee. Kaffee ist ein Genussmittel, welches die Produktion von Magensäure anregt und so ein Hungergefühl auslösen kann. Unser Tipp: Alles mal weglassen, sich unabhängig machen und gucken, was passiert.

Vorsicht: Wenn Medikamente oder Ergänzungsmittel von einer Ärztin oder einem Arzt verschrieben worden sind, ist eine Einnahmepause vorher zwingend abzuklären.

Welche anderen Rituale kann man in die Fastenwoche einbinden?

Kleweken, Fürderer, Schmelter: Die wichtigsten Ausscheidungsorgane beim Fasten sind der Darm, die Haut, die Lunge, die Leber und die Nieren. Diese Organe gilt es, beim Fasten besonders zu unterstützen, um den besten Fasteneffekt zu erreichen. Das kann man durch einige Rituale ganz gezielt tun:

Der Leberwickel, basische Bäder, Ölziehen, Saunagänge, Bewegung und Entspannung sind nur ein paar Beispiele aus der Liste der möglichen Rituale, die auch ganz detailliert in unserem Buch aufgeführt sind. Diese Rituale sind nicht zwingend erforderlich und man muss auch nicht alles machen, aber man kann sich gern mal in allem ausprobieren und vielleicht ist ja das ein oder andere Ritual dabei, welches man gern auch im Alltag etabliert.

Sollte man sich für das Fasten freinehmen oder kann man den Alltag ganz einfach wie gewohnt bestreiten?

Kleweken, Fürderer, Schmelter: Grundsätzlich ist es kein Problem, auch während des Berufsalltages zu fasten. Es kommt allerdings auch ein bisschen darauf an, was der Beruf ist. Wenn man schwer körperlich oder durchweg hoch konzentriert arbeiten muss, sollte man sich für die Fastendauer besser freinehmen.

Ansonsten sollte man schauen, dass in der Woche, in der man fastet, die Termin- und Belastungsdichte so gut es geht, reduziert. Schließlich will man sich ja gerade beim Fasten auch mal die ein oder andere Auszeit gönnen.

Was tun, wenn man das Gefühl hat, man hält nicht bis zum Ende der Woche durch?

Kleweken, Fürderer, Schmelter: Gerade an Tag zwei oder drei kommt dieser Gedanke wohl bei vielen Fastenden auf. Der Körper muss sich ziemlich umstellen und das kann seine Nebenwirkungen mit sich bringen. Wichtig dabei ist, dass man hier abwägt: Ist es eher ein Kopfthema oder macht der Körper schlapp? Dazu sollte man ganz ehrlich in sich hineinhören.

Wenn der Körper sagt, es reicht, dann sollte man auch aufhören. Oft steckt aber auch einfach nur der Kopf dahinter und dann ist es gut, wenn man sich zu helfen weiß. Sehr hilfreich ist es, mit jemandem gemeinsam zu fasten. So kann man einander immer wieder motivieren und bestärken. Auch ein Fastenleiter oder eine Fastenleiterin kann hier behilflich sein. Es gibt viele Möglichkeiten, sich Unterstützung von außen zu holen.

Wie gewöhnt man sich nach der Fastenwoche wieder an die "normalen" Essgewohnheiten?

Kleweken, Fürderer, Schmelter: Nach einer Fastenzeit von fünf Fastentagen sind zwei Aufbautage zwingend notwendig, um sich langsam wieder den "normalen" Essgewohnheiten anzunähern. Bei einer längeren Fastenzeit verlängert sich auch die Aufbauphase. Der Körper muss sich wieder an die feste Nahrung gewöhnen und umstellen.

An den Aufbautagen sollte man daher sehr behutsam sein und sich an ein paar wichtige Essensregeln halten. Dazu gehören zum Beispiel viel trinken, salzarm essen, Zucker vermeiden, natürlich und einfach essen, auf Körpersignale achten, langsam essen und bei Sättigung unbedingt aufhören, zu essen.

Dabei sollten viel Gemüse und Obst, sowie ballaststoffreiche Lebensmittel auf dem Speiseplan stehen. Für viele Fastende ist das Fasten aber auch der Start in eine Ernährungsumstellung. Also eine prima Gelegenheit, um neue Essgewohnheiten im Alltag zu etablieren.

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