Die Nadel im Corona-Heuhaufen: Hat Europa seinen "Patient Null" gefunden?

Wissenschaftler aus drei verschiedenen Forschungsinstituten melden nun, für Europa rückwirkend den allerersten Fall einer Corona-Erkrankung erkannt zu haben, den sogenannten "Patient Null".

Das Kolosseum im Rom mit Covid-19 Schild
© Getty Images
Das Kolosseum im Rom mit Covid-19 Schild

Italien ist das erste europäische Land gewesen, das von der Corona-Pandemie in 2020 getroffen worden ist, und das schon zu Beginn der Pandemie ziemlich heftig.

Die Nadel im Heuhaufen

Italienische Wissenschaftler setzen die Erforschung des erstmaligen Auftretens der Erkrankung auf italienischem Staatsgebiet fort. Sie haben eine 25-jährige Frau aus Mailand identifiziert, die mit ihrem Erfassungsdatum vom 10. November 2019 jetzt als erster bekannter Corona-Fall gilt.

Giovanni Fellegara, Pathologe am Italienischen Diagnosezentrum, kommentiert diese Entdeckung gegenüber Adnkronos wie folgt:

Wir sind alle sehr stolz auf unsere Ergebnisse, die auf ein intensives Teamwork zwischen Forschern aus drei verschiedenen Einrichtungen zurückgehen.

Ein zufälliger Fund

Durchgeführt von der Mailänder Universität, dem Italienischen Diagnosezentrum und dem Europäischen Institut für Onkologie, hat die Studie eine erneute Auswertung der - zur Untersuchung von Dermatitis vorgenommenen - Biopsie der 25-Jährigen notwendig gemacht. Im Hautgewebe sollen dann "Fingerabdrücke" vom Coronavirus gefunden worden sein.

Forscher haben sich an ihren zurückliegenden Fall erinnert, als sie in letzter Zeit ähnliche Hautausschläge bei Patienten sehen, die Corona-positiv sind. Giovanni Fellegara formuliert es so:

Zunächst haben wir an einer Untersuchung zu Corona-Patienten teilgenommen und Virusproteine innerhalb von Schweißdrüsen gefunden. Dann haben wir nach denselben "Fingerabdrücken" in vor der Pandemie vorgenommenen Haut-Biopsien gesucht. Im November 2019 haben wir schließlich einen Patienten mit denselben chemischen Eigenheiten gefunden.

Klares Bild von der Anfangsphase der Pandemie

Genauer wenden die italienischen Forscher eine Methode an, die man RNA FISH nennt. Diese setzt Markierungs-Moleküle frei, die darauf ausgerichtet sind, sich an das Gen des Coronavirus anzuhängen. Dabei sind diese so empfindlich, dass sie sogar nur ein einiges Exemplar des Virus aufspüren können. Diese Ergebnisse helfen, ein klareres Bild von der Anfangsphase der Pandemie in Italien zu machen, lange bevor Ende Februar 2020 der erste klinische Fall gemeldet wird.

Kürzlich haben Wissenschaftler der Mailänder Universität rückwirkend eine Corona-Erkrankung bei einem vierjährigen Jungen festgestellt. Dieser ist Ende November 2019 mit Atemproblemen und Hautausschlag ins Krankenhaus gebracht worden. Die Ärzte haben hier zunächst Masern erkennen wollen. Ein Jahr später testet man dann seine Proben auf SARS-CoV-2 und erhält ein positives Ergebnis.

Auf der Jagd nach dem Virus

Eine andere Untersuchung, diesmal von Abwasser, hat für Dezember 2019 Spuren des Virus in Mailand und Turin nachgewiesen. Ein nationales Überwachungssystem ist in der Folge eingerichtet worden, um überall im Land Hotspots orten zu können. Nach der Aussage von Forschern ist man dabei, langsam aber sicher alle Puzzleteile der italienischen Corona-Pandemie zusammenzubringen.

Wir hoffen, dass unsere Entdeckung Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit anderen Forschergruppen erschließt. In dieser Hinsicht ist das [...] der Anfangspunkt für nachfolgende Beobachtungen.

Dies alles sind Entdeckungen von großer Tragweite, steht Italien doch jetzt angesichts des neuen Virusstamms an einer neuen Schwelle. Es bleibt zu hoffen, dass es immer mehr Ländern gelingen wird, die Pfade der bislang ansteckendsten Pandemie des 21. Jahrhunderts nachzuverfolgen.

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